heute bei Spiegel Online gelesen, von Emblemen wusste ich, dass es da Stress gibt - aber bei Teilen? Wenn das Schule macht ....
Baader
(ROF)
Streit um Oldtimer: Volkswagen mahnt Ersatzteilhändler ab
Altes Blech boomt. Kaum ein Automagazin kommt ohne Oldtimer-Sonderausgabe aus, selbst in den Wirtschaftsteilen großer Zeitungen halten historische Autos und ihre atemberaubenden Statistiken zur Wertentwicklung regelmäßig Einzug. Und die deutschen Hersteller befeuern diesen Trend, unterhalten eigene Classic-Abteilungen und werben mit ihren alten Ikonen.
Inzwischen ist die Teileversorgung für Klassiker ein Wirtschaftsfaktor. Deshalb gibt es immer häufiger auch Streit darüber, wer was verkaufen darf. Auf der einen Seite stehen unabhängige Händler, die vielfach über Jahrzehnte die Liebhaber versorgt haben. Auf der anderen Seite stehen die Hersteller, die jetzt ebenfalls ihre Liebe zum alten Blech entdeckt haben. Mit dem Markenrecht halten sie ein Werkzeug in Händen, das es ihnen erlaubt, unabhängigen Teilehändlern den Verkauf von Teilen zu untersagen.
Fast jeder Autohersteller führt juristische Auseinandersetzungen mit Anbietern, die geschützte Begriffe, Logos oder Designs ihrer Ansicht nach unberechtigt verwenden. Besonders verhärtet scheinen die Fronten allerdings zwischen VW und den freien Händlern für Oldtimer-Ersatzteile und Fanartikel der Marke zu sein, die der Konzern mit einer Flut von Abmahnungen überzieht.
Rigoroses Vorgehen auch gegen einstige Partner
"Bei uns ging es um Campinggeschirr und Grillschürzen, auf denen VW-Busse abgebildet waren", berichtet etwa Olaf Kuntze von Bus-ok. Vom niederrheinischen Willich aus handelt Kuntze mit Ersatzteilen für historische VW-Busse, bietet aber auch andere Fanartikel an. Sein Pech war es, dass der Hersteller die Form vieler Modelle als sogenannte dreidimensionale Marken hat schützen lassen. Wer also T-Shirts oder Kalender mit Bulli, Käfer oder Golf 1 bedruckt und kommerziell anbietet, begibt sich zumindest auf unsicheres Terrain - selbst dann, wenn er dazu seine eigenen Autos fotografiert.
Kuntze ist seit mehr als zehn Jahren im Geschäft und beliefert auch das werkseigene VW Classic Parts Center mit Ersatzteilen für historische VW-Busse. Was ihn an der Auseinandersetzung mit dem Konzern vor allem wurmt, ist der Stil: Keine Warnung, kein Brief von der Rechtsabteilung vorab - den Streitwert legte die Gegenseite auf 250.000 Euro fest, wegen des großen Werts der verletzten Marke. Das sorgte für immense Anwalts- und Gerichtskosten.
Volkswagen ist bekannt für sein aggressives Vorgehen in Sachen Markenschutz. Das bekamen unter anderem schon der Axel-Springer-Konzern wegen seiner "Volks"-Kampagne zu spüren, ein Autovermieter namens Berlin Bulli und ein VW-Fan, der auf seiner Website doppel-wobber.de alte VW-Golf-Prospekte gezeigt hatte. Nachdem sich vor allem wegen des Doppel-Wobber-Falles im Netz ein Shitstorm zusammengebraut hatte, ruderte Volkswagen zumindest in diesem Fall zurück, geht aber gegen die Teilehändler offenbar weiter rigoros vor.
Klageandrohungen, Unterlassungen, einstweilige Verfügungen
Viele von ihnen berichten von einstweiligen Verfügungen, von Klageandrohungen und Unterlassungserklärungen, deren Streitwert von Seiten von VW so hoch angesetzt wird, dass viele Händler erst gar nicht in die juristische Auseinandersetzung gehen, sondern klein beigeben. Dabei geht es in aller Regel um Teile, die sich der Hersteller markenrechtlich hat schützen lassen - um Modellschriftzüge oder auch um Radkappen, die das VW-Logo tragen.
Rechtlich ist das wasserdicht. Allerdings: "Wenn VW alle Teile selbst anbieten könnte, dann würde ich das Vorgehen ja verstehen", kommentiert Jens Warzecha die Lage. Er selbst war noch nicht in juristische Auseinandersetzungen mit dem Hersteller verwickelt. Doch er handelt seit 36 Jahren mit Käfer-Teilen und hat einen guten Blick auf die Szene: "Es wäre ja toll, wenn man alles in guter Qualität bei VW bekommen könnte."
Hersteller und die Szene befinden sich in einem Dilemma: Der Käfer und die erste Generation des VW Busses gehörten zu den ersten Nachkriegsautos überhaupt, um die sich eine Liebhaberszene bildete. Für VW selbst waren die Altautoschrauber in den Siebzigern und frühen Achtzigern allerdings noch nicht von Interesse, ab Werk waren viele Teile für ältere Modelle nicht mehr lieferbar.
Ein unfreundlicher Akt
Um dem abzuhelfen, wurde die Szene selbst aktiv, viele Enthusiasten organisierten Nachfertigungen, importierten auf eigene Faust Ersatzteile aus Mexiko oder Brasilien, wo VW den Käfer noch herstellte, und bargen Kostbarkeiten aus den Altmetall-Containern von Werk und Händlern: "Damals konnte man die Ware lastwagenweise zum Schrottpreis mitnehmen", erinnert sich ein Insider.
Immer mehr Menschen begannen, alte Käfer und Busse zu restaurieren, manche der Teile-Beschaffer professionalisierten sich, einige wuchsen zu mittelständischen Unternehmen heran. VW tolerierte das über Jahrzehnte und kaufte sogar selbst bei den Freien, um die eigenen Bestände aufzufüllen.
Doch dann baute der Hersteller ein eigenes Classic Parts Center auf - und vor einigen Jahren drehte sich der Wind. "Daraus, dass VW lange untätig blieb, lässt sich kein Gewohnheitsrecht für andere herleiten", kommentiert Anwalt Johannes Richard von der Rostocker Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen, die einige Händler vertreten hat, die von VW abgemahnt wurden. Dass der Hersteller juristisch im Recht ist, daran lässt auch er keinen Zweifel. "Aber trotzdem kann man es als unfreundlichen Akt ansehen", kommentiert er, "wenn ein Konzern etwas dreißig Jahre toleriert und dann ohne Vorwarnung so draufhaut."
Nachbildungen aus China - verkauft von VW
Unter den Händlern gibt es einige, die mutmaßen, VW versuche mit den Abmahnungen und den hohen Streitwerten Konkurrenz aus dem Markt zu drängen. "Spekulationen" nennt das Jörn Schwieger vom VW Classic Parts Center. "Ihr Wahrheitsgehalt erhöht sich jedoch auch durch häufige Wiederholung nicht. Fakt ist, dass Volkswagen Classic Parts im Auftrag des Herstellers die bestmögliche Ersatzteilversorgung über den gesamten Fahrzeuglebenszyklus absichert."
Gleichzeitig gibt es durchaus Fälle, die diese Vermutung nahelegen. So ließ zum Beispiel den Online-Shop und die Webseite eines der größten und ältesten Händler für Klassikerteile der Marke per einstweiliger Verfügung für mehrere Wochen stilllegen: Die Heussner Stauber GmbH & Co. KG firmierte damals seit gut zehn Jahren als "Volkswarenhaus" - aber auch das "Volks" ist eine geschützte Marke des VW-Konzerns. Der Umsatzausfall durch die einstweilige Verfügung für die Firma, die inzwischen "Werk 34" heißt, dürfte im sechsstelligen Bereich gelegen haben.
Einen Teil der juristischen Maßnahmen gegen Händler begründet VW zudem mit angeblich mangelhafter Qualität der von ihnen angebotenen Ware. "Für Volkswagen ist entscheidend, dass sich unsere Kunden jederzeit auf geprüfte und freigegebene Ersatzteile gemäß ihrer Funktion im dafür vorgesehenen Modell verlassen können", kommentiert VW-Mann Eric Felber diesen Aspekt.
Wenn der Wolf nur noch ein Hündchen ist
Das Problem ist allerdings, dass es VW mit dem eigenen Qualitätsanspruch nicht ganz so genau zu nehmen scheint: In den Foren kursieren Abbildungen von Verteilerkappen made in China, von VW-Abzeichen und Hupenknöpfen, die von Volkswagen selbst verkauft wurden, aber deutliche Abweichungen zum Originalteil aufweisen. Aus dem stolzen Wolfsburg-Wolf auf letzterem ist auf dem Nachbau ein ziemlich armes Hündchen geworden.
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Auch an SPIEGEL ONLINE wurden bei Testkäufen solche Nachahmungen geliefert, verkauft wurden sie vom Classic Parts Center, in Verpackungen mit dem Label "Original VW Classic Parts". Auf der Rechnung war die Ware als "Classic+" deklariert. Doch was das Label eigentlich genau bedeutet, blieb im Dunkeln.
Man greife stets auf die beste am Markt verfügbare Qualität zurück, versichert Classic-Parts-Mann Schwieger. "Nur in Fällen, in denen kein Originalteil mehr verfügbar und eine Originalneufertigung exklusiv für Volkswagen Classic Parts nicht realisierbar ist, ergänzen wir unser Sortiment mit sogenannten Classic+-Teilen. Dabei greifen wir stets auf die beste am Markt verfügbare Qualität zurück".
Anhand der Teilenummer könne jeder Käufer im Internet sehen, dass es sich um Classic+-Ware handele, das Label des Konzerns für nachgeahmte Teile von externen Herstellern. In den "Original VW Classic"-Tüten würden die Teile "aus logistischen Gründen" versandt. Ein abgemahnter Teilehändler kommentiert die Teile-Politik von VW indes so: "VW verkauft heute die gleiche Nachbildung in diesen Tüten, deren Vertrieb man mir verboten hat."